Biologie

Zusammenfassung der Populationsdynamik in Bienenvölkern

Verfasst von Dr. Ralph Büchler

Die Stärke von Bienenvölkern lässt sich sehr gut durch Messungen der vorhandenen Brutzellen und Schätzung der Zahl erwachsener Bienen nach der „Liebefelder Methode“ beurteilen. Wiederholt man diese in etwa dreiwöchigem Rhythmus, können auch das durchschnittliche Bienenalter bzw. deren Lebenserwartung ermittelt werden.

Die Volksentwicklung hängt sehr stark von den äußeren Temperaturen und der Pollenversorgung ab. Eine schlechte Eiweißversorgung führt zu geringerer Bruttätigkeit und kürzeren Lebenserwartung der schlüpfenden Jungbienen. Eine gute Eiweißversorgung ist zudem entscheidend für eine gute Ausbildung des Fettkörpers und damit langlebiger Winterbienen.

Die Lebenserwartung von Bienen ist hormonell gesteuert und hängt in hohem Maße von der Brutpflegetätigkeit ab. Jungbienen, die (zunächst) keine Brut pflegen müssen, können viele Monate alt werden (sogenannte Winterbienen). Die Lebenserwartung steigt unabhängig von der Brutpflegetätigkeit auch dann, wenn im Volk keine Jungbienen schlüpfen.  

Insofern führt eine saisonale Brutpause, egal ob im Zuge des Schwärmens oder durch imkerliche Maßnahmen (Ablegerbildung, TBE, Käfigen, Bannwabe), zu einer Erhöhung der mittleren Lebenserwartung und damit dem Erhalt der Volksstärke während brutfreier bzw. brutreduzierter Phasen.  

Dadurch kommt es oftmals zu einem stärkeren Einwintern derart behandelter Völker. Das Käfigen der Königin gegen Ende der Brutsaison und ggf., unter Verwendung geeigneter Käfige, bis in den Winter hinein, provoziert eine vorzeitige Entstehung von Winterbienen und kann bei verstärktem Milben-/Virendruck im Spätherbst zu einer besseren Überwinterungsfähigkeit beitragen.

 

2. Die Rolle der Brutpause in der Bienenhaltung

Verfasst von Dr. Melchior Hartmut

Brutpausen – ob natürlich oder künstlich herbeigeführt – sind ein zentrales Element zur Förderung der Bienengesundheit und zur effektiven Varroa-Bekämpfung.

1. Natürliche Brutpausen
Natürliche Brutpausen treten beim Schwärmen oder im Winter auf. In dieser Zeit wird die Vermehrung von Varroa-Milben und Krankheitserregern unterbrochen. Solche Pausen ermöglichen ein gesundes Gleichgewicht zwischen Bienen und Parasiten und sind besonders in freilebenden Völkern überlebenswichtig.

2. Künstliche Brutunterbrechung
Dies umfasst gezielte Maßnahmen durch Imkerinnen und Imker wie:

Totale Brutentnahme (TBE): Alle Brutwaben werden entfernt, um die Milbenpopulation sofort stark zu senken.
Käfigen der Königin: Königin wird für ca. 25 Tage an der Eiablage gehindert – nach dieser Zeit kann eine gezielte Milbenbehandlung erfolgen.
Fangwabenmethode: Milben konzentrieren sich auf ausgewählte Brutwaben, die nach Verdeckelung entnommen werden.
Kombination des Käfigen und der Fangwabenmethode mit Bannwabentasche: Milben werden effektiv abgefangen, während das Volk weiterbrüten kann.

Der optimale Zeitpunkt für den Beginn der Maßnahmen liegt zwei bis drei Wochen vor Trachtende.

3. Auswirkungen auf die Volksentwicklung

Varroabekämpfung: Durch fehlende Brut wird die Milbenvermehrung gestoppt.
Schwarmverhinderung: Kurzzeitige Brutpausen können den Schwarmtrieb senken.
Gesundheitsförderung: Auch Krankheiten wie Faul- oder Kalkbrut können reduziert werden.
Positive Effekte: Längere Lebensdauer der Bienen und ein vitalerer Brutbeginn nach der Pause, eine spätere Tracht "mitnehmen" keine Wartezeiten.

Risiken:
Eine zu späte oder zu lange Brutunterbrechung kann das Volk schwächen, insbesondere im Hinblick auf den Winteraufbau.

Fazit:
Brutunterbrechungen sind eine natürliche und biotechnisch wirkungsvolle Methode zur Varroa- und Krankheitsbekämpfung. Sie schonen die Bienen, reduzieren den Medikamenteneinsatz und fördern die Volksgesundheit – erfordern aber gute Planung.

 

Weiterführender Literatur:

Uzunov, Aleksandar; Gabel, Martin; Büchler, Ralph: Sommerbrutpausen für vitale
Bienenvölker - Nachhaltige Varroa-Kontrolle durch biotechnische Methoden; Holtermann 2025; ISBN: 978-83-968814-7-2; 83 Seiten

Gabel, M., Scheiner, R., Büchler, R.: Immediate and longterm effects of induced brood interruptions on the reproductive success of Varroa destructor; March 2023; Apidologie 54(2) - LINK

Büchler, Ralph: Naturnahe Varroakontrolle; AGNI Impulstag “Varroazukunft” 23.09.2017 in Frick - LINK

MAŁYCHIN, WOŁODYMYR: PSZCZELARSTWO - powrót do natury : PRAKTYCZNE ZASTOSOWANIE IZOLATORA PETRA CHMARY; STRÓŻE 2022; ISBN 978-83-61904-56-4; 96 Seiten; in Polnisch (Titel in Deutsch: IMKEREI - Rückkehr zur Natur - PRAKTISCHE ANWENDUNG DES PETRO-CHMARA-KÄFIGS – Ausführliche Darstellung von Sommer-  und Winterbrutpause sowie Biologie der Biene)

Fluri, Peter; Imdorf, Anton: Brutstopp im August/September - Auswirkungen auf die Ein- und Auswinterung der Völker; Schweiz. Bienen-Zeitung 112 (8), 452-455 (1989)

Heaf, David: Behandlungsfrei Imkern - - Auf dem Weg zur behandlungsfreien Bienenhaltung; Haupt Verlag 2023; 128 Seiten; ISBN: 978-3-258-08318-6

Steve Riley: The Honey Bee Solution to Varroa. A practical guide for beekeepers, 2024; Northern Bee Books; 140 Seiten; ISBN: 978-1914934773; in Englisch

Pfauth, Daniel: Brutfreie Phasen im Bienenvolk durch Sperren der Königin: Auswirkungen auf die Populationsdynamik des Bienenvolkes und die Möglichkeit für eine effektive Varroabekämpf, Masterarbeit, Hohenheim 2015, 75 Seiten  

Radtke, Jens: Einfluss der Brutentnahme bei der Honigbiene Apis mellifera auf die Leistung der Völker und ihre Parasitierung mit Varroa destructor; Dissertation; Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; 2010; 246 Seiten

Calis, Boot, Beetsma, van den Eijnde, Ruijter, van der Steen: Effective biotechnical control of varroa: applying knowledge on brood cell invasion to trap honey bee parasites in drone brood, Journal of Apicultural Research, 38:1-2, 49-61,1999  - LINK

Calis, Boot, Beetsma, van den Eijnde: Control of varroa by combining trapping in honey bee worker brood with formic acid treatment of the capped brood outside the colony: putting knowledge on brood cell invasion into practice; Journal of apicultural research : a journal of the Bee Research Association; 37(3); 205-213 (1998)  - LINK

 

3. Der Fettkörper der Honigbiene

Verfasst von Thomas Van Pelt

Der Fettkörper der Honigbiene speichert Energie, reguliert den Metabolismus, entgiftet Schadstoffe und stärkt die Immunabwehr durch Vitellogenine* und Abwehrstoffe. Stressfaktoren wie Parasiten (z. B. Varroa destructor), Infektionen, Pestizide und Pollenmangel können seine Funktion stören. * Vitellogenine (von lateinisch vitellum, „Dotter, Eidotter“) im Allgemeinen sind Proteine, die von Tieren als Vorläufer für Lipoproteine und Phosphoproteine produziert werden (Wikipedia 1.6.2025)

Ein gesunder Fettkörper ist entscheidend für die Lebensdauer – bei guter Ernährung leben Bienen bis zu 300 Tage. Ein unausgewogenes Protein-Zucker-Verhältnis schwächt ihn, erhöht Winterverluste und gefährdet die Honigernte. Der Fettkörper ist auch an der Produktion von Gelee Royal beteiligt.

Die Varroamilbe, Varroa destructor, ernährt sich im nicht-reproduktiven Stadium vom Fettgewebe der Larven, im reproduktiven Stadium ernährt sie sich von der Hämolymphe der Larven. Dies zeigt unterschiedliche Nahrungsbedarfe je nach Lebensphase und Parasit.

Der rechtzeitiger Einsatz von Biotechnik im Sommer verhindert, dass die Schadschwellen nicht erreicht werden, unterstützt die Aufzucht von gesunden, langelebigen Winterbienen und stärkt deren Fettkörper, was die Überlebenschancen erhöht. Pollenangebot sowie eine regelmäßige Befallsmessung sind hierzu sehr wichtig.


Weiterführende Literatur:

Dr. Samuel Ramsey - Varroa feed on Fat Body. - LINK
Dr. Olav Rüppel - Neue Forschung enthüllt komplexe Varroa-Ernährung - LINK




4. Einfluss des phänologischen Kalenders

Verfasst von Stefan Fennel

Die Bienen sind in ihrer Entwicklung abhängig von den Erscheinungen in der Natur, insbesondere von den zehn phänologischen Jahreszeiten, deren Gradmesser sogenannte charakteristische Zeigerpflanzen darstellen. Dies Ereignisse treten in Deutschland in Abhängigkeit von der geographischen Lage (Nord, Süd, Ost und West) und Höhe über Normalnull zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein. Von Jahr zu Jahr kann es große Unterschiede geben.

Um eine optimale Volksentwicklung zu gewährleisten, können Imker sich bei der Durchführung biotechnischer Maßnahmen zeitlich an diesen Phasen und an der erwartbaren Trachtentwicklung orientieren. Während sich das Wetter für die nächsten fünf bis sieben Tage relativ sicher voraussagen lässt, sind größere Zeiträume mit deutlich mehr Unsicherheit behaftet. Ein Wetterrückblick kann jedoch Aufschluss darüber geben, ob die Wasserversorgung der Pflanzen ausreichend erscheint, , so dass die Vegetation auch längere Trockenphasen unbeschadet überstehen könnte.

Möglichkeiten der Abschätzung der Phänologie:

  1. Deutscher Wetterdienst – Aktuelle Phänologie: LINK

Empfehlung: Eigene Beobachtungen im Flugradius der Bienenvölker, da das Beobachtungsnetz des DWD den eigenen Standort ggf. nicht erfasst.

  1. Bieneninstitut Mayen – GeoBox (z.B. Blühphasenmonitoring, Stockwaagen) - LINK

  2. Trachtverlauf -> Futterversorgung: LINK

Empfehlung: Eigene Stockwaage, alternativ Trachtflugbeobachtung

  1. Wettervorhersagen auf YouTube

Kachelmannwetter: https://kachelmannwetter.com/de; auf Youtube täglich 1-2 Videos

Wetterbericht Kai Zorn

  1. Wetterrückblick MT Wetter ; mit eigener Stockwaage werden die Wetter-, Niederschlag- und Winddaten am eigenen Standort aufgezeichnet.

  2. Das Bienenjahr - Zehn Jahreszeiten der Natur  - LINK

Tabellarisch o. als phänologische Uhr  



Zeitplan Bekämpfungsverfahren Varroose, u.a. Biotechnik

Wolfgang Ritter, Ute Schneider-Ritter: Das Bienenjahr – Imkern nach den 10 Jahreszeiten der Natur, S. 131. Ulmer, Stuttgart 2020

Vergleich verschiedener Zeitpunkte des Einsatzes von Biotechnik

Empfehlung: Lieber früher als zu spät!

Früh (Vollfrühling, Ende April – Ende Mai):

  • Bienengesundheit: Völker können aus dem Vollen schöpfen
  • Varroabefall: Noch kein noch kein sichtbarer, aber schon vorhandener mäßiger Varroadruck

Mittel (Frühsommer, Ende Mai – Mitte Juni):

  • Bienengesundheit: Völker können scheinbar noch aus dem Vollen schöpfen
  • Varroabefall: Varroadruck steigt an.
  • Volksentwicklung: Es wird mehr Bienenmasse für eine Sommertracht zur Verfügung stehen
  • Einwinterung: weniger Zeit bis zu Einwinterung -> viel Zeit für die Milbenentwicklung, ausreichend Zeit für die Aufzucht der Winterbienen

Spät (Hochsommer, Mitte Juni – Anfang August)

  • Varroabefall: Varroadruck bekommt die überhand.
  • Einwinterung: bei zu später Anwendung ist die Aufzucht der gesunden Winterbienennicht mehr gewährleistet!

Fazit:

Extra Motivation durch Biotechnik: Bei Beginn der Biotechnik rund 2 Wochen vor Trachtende kann die Honigleistung gesteigert werden, da weniger Bienen aufgezogen werden müssen, weniger Futter gezehrt wird und mehr Sammelbienen zur Verfügung stehen.